Wie ist der Begriff Alimente im Sinne des aktuellen österreichischen Familienrechts definiert?
Minderjährige Kinder und Jugendliche sind de facto emotional und materiell von ihren jeweiligen Eltern abhängig. Aufgrund dieser existentiellen Abhängigkeit haben sie gegenüber ihren Eltern einen nachhaltigen Anspruch auf Kindesunterhalt. Unterhalt dient als Instrument, um den individuellen Lebensbedarf des jeweiligen Unterhaltsberechtigten objektiv angemessen abzudecken und seine persönliche Entwicklung zu fördern.
Unterhaltsleistungen können den bedürftigen Kindern und Jugendlichen in Form von Sachleistungen, Geldzahlungen, Erziehung, Betreuung, persönlichen Zuwendungen und Pflege zukommen. Das österreichische Familienrecht differenziert in der Praxis zwischen Natural- und Geldunterhalt bzw. Alimenten.
Was ist der Unterschied zwischen Naturalunterhalt und Alimenten?
Sofern das Kind mit beiden oder einem Elternteil in einem gemeinsamen Haushalt lebt, greift sein Anspruch auf Naturalunterhalt. Dieser Begriff umfasst das Anrecht des bedürftigen Kindes auf Unterkunft, Nahrung, Kleidung, Erziehung, Bildung, Freizeitgestaltung sowie Taschengeld. Trennen sich die Eltern des Kindes und leben räumlich getrennt voneinander, rückt die Frage in den Vordergrund was beide Elternteile konkret und tatsächlich zum Unterhalt beitragen.
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Grundsätzlich haben beide Elternteile gegenüber ihrem Kind identische Rechte und Pflichten, die zwingend von beiden Parteien zu erfüllen sind. Grundsätzlich ist derjenige, der nicht im gleichen Haushalt wie das unterhaltsberechtigte Kind lebt, zu regelmäßigen Unterhaltszahlungen verpflichtet.
Der konkrete Betrag, der monatlich vom Unterhaltspflichtigen zu leisten ist, wird durch das Familiengericht festgelegt. Derartige Geldleistungen empfängt in der Regel die Person, die für die Betreuung des Unterhaltsberechtigten zuständig ist.
Ist ein Elternteil bereits verstorben, werden die Eltern der verstorbenen Person in die Pflicht für die diesbezüglichen Unterhaltsleistungen genommen. Sind die Großeltern nachweisbar wirtschaftlich nicht in der Lage diesen Zahlungen nachzukommen, sind sie von ihrer Unterhaltspflicht befreit.
Volljährige Kinder, die einen Anspruch auf Alimente haben, können wahlweise beim zuständigen Familiengericht einen Antrag auf direkte Auszahlung der jeweiligen Leistungen auf ihr persönliches Konto erwirken. Rechtliche Grundlage hierfür bilden die Textpassagen §§ 231 bis 234 des ABGBs (Allgemeines bürgerliches Gesetzbuches).
Was passiert wenn sich ein Unterhaltspflichtiger bewusst seiner Verbindlichkeiten entzieht?
Legt ein Elternteil, das gesetzlich zur Zahlung von Alimenten verpflichtet ist, absichtlich seine jeweilige Berufstätigkeit nieder, um sich den Geldleistungen zu entziehen, zieht das Familiengericht ein fiktives Einkommen zur Berechnung der Alimente heran.
Selbiges gilt, wenn der Betreffende bewusst einem Beruf nachgeht, der verhältnismäßig schlecht entlohnt wird und nicht seiner tatsächlichen beruflichen Qualifikation entspricht.
Gibt es Ober – und Untergrenzen für die Berechnung der Alimente und wie werden sie berechnet?
Maßgeblich für die Höhe der jeweiligen Alimente sind die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen sowie der individuelle Lebensbedarf des Kindes. In diesem Kontext greift die Maxime; je höher Einkommen und Lebensstandard des Unterhaltspflichtigen, desto höher fallen die Geldleistungen zum regelmäßigen Unterhalt bzw. die monatlichen Alimente aus.
Nach Rechtsverständnis des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches gibt es in der Alpenrepublik Österreich keine verbindliche, gesetzliche Belastungsgrenze für Unterhaltspflichtige. Entsprechend können Unterhaltsansprüche von Personen eingefordert werden, die unterhalb des Existenzminums leben. Nach oben hin existiert eine sogenannte “ Luxus- oder Playboy- Grenze“, die eine unverbindliche Obergrenze für Unterhaltszahlungen offiziell determiniert.
Diese ist allerdings lediglich als Richtwert anzusehen. Laut diesem Richtwert dürfen die monatlichen Unterhaltszahlungen tatsächlich nicht einen Grenzwert von dem Zwei- bis Zweieinhalbfachen des offiziellen Regelsatzes überschreiten.
Von dieser Regelung profitieren ausschließlich Unterhaltspflichtige, die einen mondänen Lebensstil pflegen und über ein außergewöhnlich hohes Einkommen verfügen.
Informationen zu Höhe und Berechnung der Alimente in Österreich
Um die Höhe der monatlich zu entrichtenden Alimente korrekt zu berechnen, ermittelt das zuständige Familiengericht das monatliche Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen. Das individuelle Vermögen beeinflusst daher nicht das Berechnungsmodell für Alimente in Österreich.
Bei Erwerbstätigen, die einer unselbstständigen Beschäftigung nachgehen, ist zur Bestimmung des monatlichen Nettoeinkommens das monatliche Gehalt abzüglich von Sozialversicherungsbeiträgen sowie Steuern maßgeblich.
Zusätzliche Leistungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld werden auf die zwölf Monatsgehälter umgerechnet. Abfertigungen und Überstundenentschädigungen sind ebenfalls einzupreisen. Für Selbstständige dient der Reingewinn des abgeschlossenen Geschäftsjahres als Bemessungsgrundlage. Im Falle verhältnismäßig größerer Schwankungen hinsichtlich des Reingewinnes gilt der Durchschnittswert der zurückliegenden drei Geschäftsjahre als relevant. Bei arbeitslosen Personen, die Arbeitslosenunterstützung empfangen, fungiert dieses Einkommen als verbindlicher Richtwert. Pensionen sind im Sinne der österreichischen Rechtsprechung ebenfalls als monatliches Einkommen zu verstehen.
Um die Höhe der Alimente zu errechnen, dient die sogenannte “ Prozentsatzmethode“.
Lebensalter des unterhaltsberechtigten Kindes und Prozentsatz des monatlichen Nettoeinkommens
- Lebensalter 0 bis 6 Jahre = 16 %
- Lebensalter 6 bis 10 Jahre = 18 %
- Lebensalter 10 bis 15 Jahre = 20 %
- Lebensalter ab jeweils 15 Jahren = 22 %
Existieren mehrere unterhaltsberechtigte Kinder, sind spezielle Abzüge vorzunehmen. Für jedes zusätzliche Kind reduziert sich deshalb die Höhe der monatlichen Alimente um bestimmte Prozentpunkte.
Muss ein Elternteil für mehrere Kinder gleichzeitig Alimente entrichten, sinkt die Unterhaltshöhe wie folgt:
- Unterhaltspflicht für jedes zusätzliche Kind im Lebensalter von unter 10 Jahren = 1 %
- Unterhaltspflicht für jedes weitere Kind im Lebensalter von über 10 Jahren = 2 %
Eine ungefähre Berechnung ohne verbindliche Gewähr ist zudem alternativ mit Hilfe des Unterhaltsrechners vorzunehmen, der über die Onlinepräsenz der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Jugendwohlfahrt aufzurufen ist.
Wie lange dauert die Unterhaltspflicht?
Prinzipiell ist die Unterhaltspflicht in der Alpenrepublik Österreich an kein spezielles Lebensalter des unterhaltsberechtigten, bedürftigen Kindes gekoppelt. Demnach sind Eltern im Sinne des österreichischen Familiengesetztes solange zu Unterhaltleistungen verpflichtet, bis der Unterhaltsberechtigte als selbsterhaltungsfähig zu klassifizieren ist. Die individuellen Lebenssituationen von Eltern und Kind entscheiden aufgrund dieser Aspekte über die Dauer der jeweiligen Unterhaltspflicht.
Im Sinne von §§ 231 bis 234 ABGB gilt eine Person als selbsterhaltungsfähig, sofern sie ihren persönlichen Lebensunterhalt eigenständig angemessen decken und selbstständig einen eigenen Haushalt führen kann.
Im Normalfall tritt eine Person nach Abschluss von Ausbildung oder Studium in den Zustand der Selbsterhaltungsfähigkeit ein. Mündet das Ende der Ausbildung nicht in einen erfolgreichen Eintritt in den Arbeitsmarkt, müssen Unterhaltspflichtige die Unterhaltszahlungen fortführen bis der Berechtigte einen Arbeitsplatz gefunden hat. In diesem Kontext muss der “ Bedürftige“ unbedingt gegenüber dem Arbeitsmarktservice nachweisen können, dass die Arbeitssuche gewissenhaft und zielgerichtet durchgeführt wird. Diesbezügliche Zuwiderhandlungen sind an das Ende des Unterhaltsanspruches gebunden.
Nach einer Heirat erlischt prinzipiell die Unterhaltspflicht.
Wie wirkt sich eine unverschuldete Berufsunfähigkeit des Kindes oder dessen Wunsch nach beruflicher Weiterbildung auf die Zahlung der Alimente aus?
Durch eine unverschuldete Krankheit, die die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit unmöglich macht, kann der ehemals Unterhaltsberechtigte seine Selbsterhaltungsfähigkeit verlieren. In dieser Situation lebt die Unterhaltspflicht erneut auf.
Gleiches gilt, wenn das Kind den Wunsch nach beruflicher Weiterbildung hegt und während dessen aufgrund seiner zeitintensiven Ausbildung nicht angemessen für seinen persönlichen Lebensbedarf sorgen kann.
Gibt es in Österreich eine Altersgrenze für die Unterhaltspflicht bzw. die Zahlung von Alimenten?
Gemäß des österreichischen Rechtsverständnisses existiert in der Alpenrepublik Österreich tatsächlich keine spezifische Altersgrenze für bedürftige Kinder, die den Unterhaltspflichtigen zuverlässig von seinem Leistungssoll befreit.
Der Eintritt in die Volljährigkeit des Unterhaltsberechtigten markiert demnach nicht zwingend das Ende des persönlichen Unterhaltsanspruches. Allerdings muss der bedürftige Part transparent nachweisen, dass Ausbildung, Arbeitssuche oder Studium zielstrebig und ernsthaft betrieben werden. Ein eventueller Studiumswechsel im Anschluss an das erste Semester verwirkt in der Praxis nicht den Unterhaltsanspruch.
Greift die Unterhaltspflicht im Zuge des Zivil- oder Präsenzdienstes?
Binnen dieses Zeitfensters wird der Unterhaltsanspruch generell ausgehebelt, sofern das Kind ursprünglich in durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen gelebt hat.
Fielen die materiellen und wirtschaftlichen Lebensverhältnisse des Betroffenen vor Eintritt in den Zivil- bzw. Präsenzdienst überdurchschnittlich hoch aus, kann der Unterhaltsanspruch unter Berücksichtigung des konkreten Einzelfalles fortbestehen. Das zuständige Familiengericht entscheidet über diesen Aspekt.
Was passiert wenn dem unterhaltspflichtigem Part belastbare Informationen vorliegen, die den Unterhaltsanspruch des Kindes in Frage stellen?
Ligen dem Elternteil, der regelmäßig Unterhaltszahlungen bzw. Alimente leistet, belastbare Hinweise vor, die die Annahme nähren, dass der Unterhaltsanspruch nicht mehr berechtigt bzw. vollumfänglich angemessen ist, kann dieser einen Antrag auf Herabstufung bzw. gänzlicher Streichung der Unterhaltspflicht beantragen.
Diesbezügliche Gesuche sind beim verantwortlichen Bezirksgericht vorzutragen. In diesem Zusammenhang fallen Gebühren in Höhe von 14, 40 € an, die direkt vom Antragssteller aufzubringen sind.
Als zuständig ist das Bezirksgericht einzuordnen, an dem das unterhaltsberechtigte Kind seinen gewöhnlichen Wohnsitz unterhält.
Wird die Familienbeihilfe bei der Berechnung der Alimente in Österreich angemessen berücksichtigt?
Die Familienbeihilfe wird direkt zur Berechnung der Alimente herangezogen. Wie genau diese Leistung anzurechnen ist, hängt von der Einkommenssituation des Unterhaltspflichtigen sowie dessen Verpflichtungen ab.
Führt Vermögen oder regelmäßiges Einkommen des Unterhaltsberechtigten automatisch zu einer Minderung der Alimente?
Im Normalfall lösen ein eventuelles Vermögen des Kindes oder ein regelmäßiges erwirtschaftetes Einkommen seinerseits, den Anspruch auf eine Neuberechnung der Alimente aus. In diesen Einzelfällen führt der Zustand zu einer Minderung der Unterhaltszahlungen. Lehrlingsentschädigungen zählen ebenso als Eigeneinkommen.
Laut österreichischem Rechtsverständnis dürfen Einkünfte, die aus kurzfristiger Ferienbeschäftigung, Kinderbetreuungsgeld, Schüler-, Studenten- oder Familienbeihilfe stammen, in der Praxis nicht eingerechnet werden.
Was passiert wenn sich Unterhaltspflichtige vor den monatlichen Unterhaltszahlungen drücken?
Kommen Unterhaltspflichtige ihren Sollleistungen nicht zuverlässig und regelmäßig nach, springt der österreichische Staat in Form eines Unterhaltsvorschusses ein. Statistische Erhebungen belegen, dass die Alpenrepublik Österreich im Kalenderjahr 2018 in 48000 Fällen einen entsprechenden Unterhaltsvorschuss aufzubringen hatte.